Bericht in der SWP am 11.11.2023: Ein Lächeln für den Abschied

Dettingen
Bereits mit elf Jahren wusste Emily Bayer, dass sie Bestattungsfachkraft werden will. Eine anspruchsvolle wie vielfältige Ausbildung liegt vor ihr.

Von Larissa Renz

Ein Lächeln oder ein freundliches Gesicht, es gibt viele Berufe, in denen das gefordert ist. Besonders eine Branche lebt davon, auch wenn das in den Momenten, wenn man diese Zunft braucht, kaum bedacht wird – Bestattungsfachkräfte. Denn gerade, wenn der Trauernde es kaum erwartet, vermag ein Lächeln zu trösten, zu beruhigen und die Überforderung zu lindern. Beim Dettinger Bestattungsunternehmen von Uwe Serway, blickt man seit dem 1. September in ein sehr junges Gesicht: in das der 17-jährigen Auszubildenden Emily Bayer. Ein Berufsbild, das noch aus der Vergangenheit mit einigen unschönen Vorurteilen behaftet ist. Beispielsweise, dass sich „der Bestatter schamlos am Tod bereichert“. Ein Klischee, das auf Emily Bayer nicht zutrifft, aber das in Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheiten wieder aufzuleben scheint. So erzählt sie, sie hätte sich schon mehrfach anhören dürfen, „dass ja immer gestorben wird und dass, das ein Job mit Zukunft ist“. In vielen Fällen, denkt sie jedoch, dass dieser Satz auch aus Unwissenheit gesagt wird.

Porträt: Bestattungsfachkraft

Eines stellt sie dann gleich klar: Das hat mit der gesamten Bandbreite des Berufs nichts zu tun. Emily Bayer selbst weiß, seit sie elf Jahre alt war, dass sie diesen Beruf ausüben möchte. Ein Beruf, der als Ausbildung erstaunlicherweise erst seit 2003 in seiner heutigen Form angeboten wird. 
Ein Rettungssanitäter habe ihr damals aufgezeigt, wie sehr und wie oft Menschen in Momenten schwerer Verluste Hilfe brauchen. Bereits bei ihrem ersten Praktikum und im jungen Alter von 13 Jahren, wurde ihre „Tauglichkeit“ ausgetestet, denn in dieser Woche begleitete sie der Abholung von Verstorbenen. Und was eben auch dazu gehört: In der Aufbahrungshalle sollte sie einen verstorbenen, älteren Mann berühren. 
Nach einem Praktikum bei Bestattungen Serway wurde ihr die Ausbildung angeboten, und sie gibt zu: „Ich musste nicht lange nachdenken.“ 
An der Berufsschule belegt sie, parallel zu ihrem praktischen Alltag, einige fachspezifische Kurse, in denen sie mit Sargbestandteilen vertraut gemacht wird, beispielsweise die diversen Hölzer, oder die anfallende Geschäftsdokumentation zu beherrschen lernt.
Sie fühlt sich sehr gut aufgehoben und konnte schnell Vertrauen zum Team fassen. Da die Tagesabläufe nie komplett gleich sind und man in Todesfällen von außen in belastende, sehr emotionale Stimmungen kommt, ist Vertrauen und Ruhe im Team wichtig.

Menschen lesen und verstehen

Jeder Verstorbene und jede Familie ist anders, jeder trauert anders, und niemand wird auf die gleiche Weise verabschiedet oder wünscht sich für seine Beerdigung das gleiche wie andere, beobachtet sie. Davon abgesehen gibt es nach Todesfällen medizinische und rechtliche Prozedere, die angestoßen werden müssen, beispielsweise welche Behörden verständigt werden müssen.
Als Bestattungsfachkraft kann Emily Bayer auf diverse Arten helfen: Sie kann Auskunft darüber geben, was mit dem Verstorbenen geschehen wird, sie hilft dabei, die Beisetzung umzusetzen, und sie unterstützt bei der Trauerarbeit.

Für viele Menschen sind Emily Bayer und das Team eine erste Anlaufstelle zum Sprechen über den Tod, die Angst davor, den Verlust, aber auch das Leben. Ihr Leben und das Leben der Verstorbenen. 
„Viele empfinden Dankbarkeit für die Zeit, die sie mit der Person hatten, die gegangen ist“, beschreibt Emily Bayer die Gespräche. Über die Zeit hat sie bereits gut gelernt, Situationen zu lesen und auf sie einzugehen. Schon hier zeigt sich, dass die zeitgenössische Bestattungsfachkraft nicht mehr „nur“ der Schreiner ist, der auch einen Sarg bauen kann.
Und auch in der Wahl ihrer Kleidung wird bei Bestattungen Serway mit Klischees gebrochen: Schwarz wird nur bei Trauerfeiern getragen. Ansonsten tragen die Mitarbeiter gedeckte Farben. Schon das kann die Stimmung vor Ort lösen. 
Dass es Fälle gibt, die sie sehr berühren, das erklärt sich von selbst. Gerade wenn Kinder und junge Menschen gehen, braucht sie das Team, ihre Familie und Freunde als seelisch-moralischen Rückhalt. „Es gibt Tage, an denen man froh ist, dass man lebt und dass es allen gutgeht, die ich liebhabe. Manche Probleme, die ich sehe, möchte man nicht haben“, lässt sie die schweren Tage Revue passieren. Natürlich aber gibt es so manchen kuriosen Wunsch, der noch in der Trauerfeier erfüllt werden will. „Manchmal läuft da echt verrückte Musik.“

Privat Emily Bayer bleiben

Abschalten im Feierabend, das hat etwas mit Professionalität zu tun. Zur Entspannung hört sie nach wie vor Popmusik, sie kann über manch makabren Witz noch lachen, sie absolviert die Grundausbildung der Feuerwehr und der ein oder andere Krimi wird angeschaut.
Als sie nach der Glaubwürdigkeit von Filmen und Serien gefragt wird, schmunzelt sie. „Vieles stimmt, aber manchmal machen sie auch Quatsch.“ 
Dass sie im Beruf mit allen Facetten vieler Leben zu tun hat, lässt sie ihre schönen Momente noch intensiver wahrnehmen und genießen. Im Interview lacht und strahlt Emily Bayer viel. Ganz ruhig und ausgeglichen spricht sie über die große Verantwortung, für die sie sich so bereitwillig entschieden hat.Bereits jetzt hat Emily Bayer Dinge gesehen und Erlebnisse mit Menschen geteilt, wie es nur wenige andere tun können.

Neben Emily Bayer hat sich der junge Dettinger Joschua Schwenkel dafür entschieden, Verstorbene und ihre Angehörigen bei ihren letzten gemeinsamen Wegen zu begleiten.

So ist die junge Frau ein Beispiel für Menschen, die auf so besondere Art und Weise mit anderen in Kontakt kommen. Gerade in einem Beruf, der vielen noch so suspekt ist.

Uralte Profession trifft neue Philosophie

Dass die Ursprünge des Berufs im Handwerk liegen, hat sich in der Sprache niedergeschlagen, die oftmals eben sehr herb ist. Firmenintern hat Bestattungen Serway sich einen neuen Sprachkodex zugelegt. Statt des „Leichenschmaus‘“ gibt es nun ein Trauerkaffee, auch „Leichen“ wurde verbannt, man spricht von „Verstorbenen“. Man begegnet den Angehörigen in respektvollem Ton, um Hemmungen abzubauen. Man ist sich dennoch bewusst, wie geläufig die Begriffe nach wie vor sind. Als Dienstleister ist es der eigene Anspruch und die Verantwortung, dass die Menschen keinerlei negative Erinnerungen oder Erfahrungen machen, die etwas mit der Bestattung zu tun haben.